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Carl Dau

Über den Künstler...

Carl Friedrich Dau hat in einem seiner frühen Kataloge sein Anliegen mit folgenden Worten umrissen: "Unsere Augen werden täglich mit Reizen überflutet. Es gibt nur wenige Dinge, denen Ruhe innewohnt, die dem Auge gut tun, bei denen ästhetischer Reiz mit Einfachheit und Klarheit gepaart ist. Solche Dinge zu schaffen, sie auch im Schmuck anzusiedeln und ihnen dort Geltung zu verschaffen, ist das Hauptanliegen meiner Arbeit."...

Ein keineswegs gradliniger Werdegang

Unser erstes Gespräch zur Person und zu seinen Arbeiten fand 1993 statt. Dau eröffnete es mit der Feststellung, daß er eigentlich gelernter Seemann sei und tatsächlich vier Jahre bei der Handelsmarine gefahren ist....

Mit 23 Jahren begann er die Goldschmiedelehre bei dem nur unwesentlich älteren Goldschmiedemeister C. Scriba in Gießen.

1972, unmittelbar noch der Meisterprüfung an der Zeichenakademie Hanau, ging Dau nach Berlin, um an der Hochschule für Bildende Künste ein weiteres Studium im Rahmen der Begabtenförderung im Handwerk zu absolvieren.Dieser Studiengang bewirkte wesentliche Veränderungen seiner Ambitionen und seiner Arbeitsweise: Die entwickelte Hypertrophierung der goldschmiedischen Techniken löste sich und ging in ein konstruktives Technikverständnis über. Seine Arbeiten wurden immer einfacher. Damit war eine Position erreicht, die tendenziell seinen weiteren Weg als Gestalter bestimmen sollte und die er bis heute nicht in Frage gestellt hat. Parallel zu diesem Studiengang baute Dau in Berlin eine erste eigene Werkstatt auf, etablierte sich und seine Familie in der damals noch geteilten Stadt und wurde Lehrer an der berufsbildenden Schule Für Goldschmiede. Schließlich folgte zwischen 1976 und 1978 ein dritter Studiengang, ebenfalls an der Hochschule für Bildende Künste, diesmal jedoch im Bereich Industrial-Design.

Stationen

Dau war 34 Jahre alt und beschäftigte sich während dieses Zusatzstudiums mit ästhetischen Kriterien. Es interessierte ihn warum man einen Gegenstand als schön empfindet, einen anderen, vergleichbaren aber durchaus als schöner bezeichnen kann.

Seine Diplomarbeit war ästhetischen Problemen bei der Vergrößerung und Verkleinerung einmal gefundener Formen gewidmet, und sie führte der Gestalter zu wesentlichen Einsichten. Bis dahin begleitete die Werkstattarbeit seine theoretischen Bemühungen wie eine zweite Stimme.

1980 gab er den Lehrerberuf auf und machte sich selbständig. Sein Ziel: die Theorielastigkeit der letzten Jahre praktisch zu lösen und auszuprobieren ob sich die bisherigen theoretischen Einsichten in die Praxis umsetzen lassen.
Die Entwicklung der heutigen Werkstatt verlief in drei Etappen, die sowohl örtlich wie auch konzeptionell festzumachen sind.

In den ersten Jahren seiner freischaffenden Tätigkeit arbeitete C.-F. Dau allein und konzentrierte sich auf größere Objekte, die er vornehmlich aus Metallrohren und aus zumeist mattem Glas montierte. Diese von utilitären Zwecken relativ freien Arbeiten standen in der Kunstlandschaft jener Jahre nicht allein.
1983 verließ er das Schaffensgebiet der Objektkunst im Anschluß an eine Ausstellung, die den Ertrag der zurückliegenden Jahre präsentierte. Von diesem Zeitpunkt an widmete er sich und seine Arbeit ausschließlich dem Schmuck.

Der Serienschmuck

Am Anfang des Schmuckmachens stand natürlich die Lust des Goldschmieds an der handwerklich-kreativen Arbeit und die Freude, überschaubare Dinge entstehen zu sehen. Aber es galt auch gestalterisch-technische Positionen zu bestimmen und ganz konkrete Entscheidungen zu treffen, die für das Erscheinungsbild des in Aussicht genommenen Schmucks wichtig waren.
Es begann bei der Behandlung von Oberflächen, die klassischen Verbindungstechniken der Goldschmiede mußten hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit überprüft werden, und alle Versuche und Überlegungen waren von dem Bestreben bestimmt, möglichst einfache, "niederkomplexe Formen, die dem Betrachter bekannt und zugänglich sind" (Dau), zu entwickeln, sie als Schmuck glaubhaft zu machen.

In einem länger zurückliegenden Interview hat er einmal gesagt: ,"Wenn ich etwas als schön und richtig empfinde, dann denke ich, daß ich mit diesem Empfinden nicht allein auf der Welt bin. Ich muß nur die anderen suchen, die genauso empfinden." Diese Überzeugung ist zu einer Maxime seines Handelns geworden; die Konsequenz, mit der er ihr bis heute folgt, ist nach wie vor bemerkenswert.

C.-F. Dau hat während der Zeit seiner freischaffenden Tätigkeit nie eigentlich am Unikat gearbeitet. Seine Ambitionen waren immer auf die Serie gerichtet, wenn auch der Begriff der Serienmäßigkeit in der Zwischenzeit durchaus modifiziert und präzisiert wurde.

Die ersten Serien, die Anfang der achtziger Jahre entstanden, waren grafisch dominiert. Sie atmen noch deutlich Nachklänge der Objektkunst und erscheinen nicht selten wie kultivierte, verkleinerte Wandobjekte. Auch die Nähe der seinerzeit mit soviel Zurückhaltung ertragenen Übungen zur Gestaltungslehre ist unübersehbar, und die kleinen Objekte waren noch richtige Broschen.

Bevorzugte Formen waren Kreis, Dreieck und Quadrat die in unterschiedlichen Materialkombinationen und mit sehr verschiedenen grafischen Strukturen angeboten wurden.

Zwischen Unikat und Konfektion

Seit 1996 arbeitet Dau mit zehn Mitarbeitern im Werkstatt- und Atelierhaus am Hohentwielsteig. Die Planungs- und Bauphase, gemeinsam mit dem Architekten Jan Bremermann dauerte zwei Jahre.


Die Arbeits- und Darstellungsweise, die in der Werkstatt Dau gepflegt wird, ist weit entfernt vor handwerklicher Herstellung, aber bezeichnenderweise ist sie auch ebensoweit von der üblichen industriellen Praxis entfernt. Im Gegensatz zur handwerklichen Fertigung wird, indem viele Teile bezogen werden, kompromißlos auf die Leistungsfähigkeit moderner Maschinen, auf die Präzision und das immer gleiche Erscheinungsbild der maschinellen Erzeugnisse gesetzt. Im Gegensatz zur industriellen Fertigung aber, wo in weiten Bereichen immer noch eine quasi-handwerkliche Formensprache gepflegt wird, ... wird hier die maschinelle Teilefertigung nicht verschleiert, sondern sichtbar gemacht.

Die übergreifende Bedeutung des Schmucks aus der Werkstatt von C.-F. Dau wird deutlich, wenn man seine Kollektionen zu dem übergroßen, sich in vielen Fällen überschneidenden Angebot der industriellen Großhersteller auf der einen und dem künstlerischen, meist unikatorientierten Schmuck auf der anderen Seite ins Verhältnis setzt ...

Was seine Arbeiten von künstlerischen Unikaten unterscheidet, ist die scheinbar entpersönlichte Sachlichkeit der Lösungen sowie die von Zufällen und Emotionen befreite Gestaltung der Teile. Sicher entspricht diese Gestaltungsweise den Ambitionen des Gestalters; sie folgt aber vornehmlich und mit zwingender Notwendigkeit aus dem Seriencharakter dieses Schmucks.
Im Gegensatz zum üblichen Serienschmuck sind Daus Arbeiten jedoch geradezu Lehrbeispiele für Werk- und Materialgerechtigkeit.
Es ist die Abwesenheit aller Imitation, die gestalterische und technische Ehrlichkeit, die diese Stücke von allen gepreßten, geprägten und gegossenen Stücken unterscheidet. Und es ist die emotionale Gradlinigkeit, die sie sympathisch macht.

Auszüge aus dem Buch "Die Ringe von C.-F. Dau", von Hans-Ulrich Lehmann aus der Serie "Design-Klassiker", Verlag form, 1999.